Das Rentnerrondell

Dr. Matthias Marquardt - Blog - Fettstoffwechsel

KRAFTTRAINING

Das Rentnerrondell

Triathleten über einen Kamm zu scheren, ist natürlich Blödsinn. Zwar sind sich die Dreikämpfer in ihrem Mitteilungsbedürfnis über die sagenhaften letzten Trainings­ und Wettkampfhighlights auf einer Party erstaunlich ähnlich, aber spätestens beim Krafttraining hören die Gemeinsamkeiten auf.



Heute soll es Sportler geben, die nach der Anschaffung eines 10.000­-Euro­-Rennboliden erst mal zwei Jahre Crossfit machen, um mit adäquatem Astralkörper auf der Laufstrecke zu glänzen. Ob das nun bis ins letzte Detail schnell macht, sei mal dahingestellt, aus sportärztlicher Sicht wäre ich allerdings einigermaßen entzückt über ein derartiges Vorgehen. Sorgt die Ganzkörperkräftigung doch für gute Stabilität und einen wünschenswerten Verletzungsschutz.

 

Aber eben leider nicht bei allen. So mancher spät berufene Ausdauersportler hat sich – in bester  Absicht natürlich – im örtlichen Fitnessstudio angemeldet und wurde dort liebevoll ins Rentnerrondell eingewiesen. Das ist der Fachbegriff für eine Trainingsform namens Milon Zirkel. Man steckt dort eine Karte in das Sitzgerät, das sich dann automatisch biomechanisch korrekt einstellt, sodass man wie zuvor auf dem Bürostuhl oder im Auto Platz nimmt, um zwei oder drei Kilogramm mit den Armen hin-­ und herzudrücken.

 

Ja klar, bei Rückenkranken, die mit einem Mindestmaß an Bewegung wieder die Strecke zwischen Haustür und Büro zurücklegen wollen, ist das klasse. Aber Ganzkörperstabilität? Training der funktionellen Muskelketten? Fehlanzeige! So bleibt der Effekt für Läufer und Triathleten höchst überschaubar. Aber wie erklärt man es dem begeisterten Laien, der glaubt, im Kreisverkehr des Fitnessstudios gerade das Beste für sich zu tun?

 

Im letzten Winter hantierte ich zusammen mit der mir angetrauten Freizeitsportlerin meiner Träume im Fitnessstudio mit Langhanteln herum, als meine Frau in einer Satzpause sagte: „Guck mal da drüben. Ich will auch mal so was machen!“ Ich ächzte ob der – grob geschätzten – 200 Kilogramm auf meinen Schultern, drehte mich um und sah zu meinem Entsetzen, dass sie auf den Milon Zirkel zeigte. Was nun?

 

Ich entschied mich, zunächst die Hantel theatralisch auf den Boden knallen zu lassen, dann ernst zu gucken und schließlich zu sagen: „Wenn du so trainierst wie die Leute, die da im Rentnerrondell stehen, dann wirst du irgendwann auch so aussehen!“ Das saß! Jetzt guckte meine Frau entsetzt und verlangte nach neuen Langhantelübungen. Gerade noch davon gekommen ...

 

Ihr Dr. Matthias Marquardt

 

MEIN TIPP:

Krafttraining ist wichtig. Die dafür eingesetzte Trainingszeit sollte für koordinativ anspruchsvolle Übungen genutzt werden!


Einmal im Monat schreibt der bekannte Internist und Laufexperte Dr. Matthias Marqardt im Triathlon-Magazin eine Kolumne zu kontroversen Themen des Laufsports.

 

 www.tri-mag.de



Download
Marquardts Meinung -- Das Rentnerrondell
t153_MarquardtsMeinung_rentnerrondell.pd
Adobe Acrobat Dokument 3.8 MB