Ironman. Macht's noch einmal, Jungs!

Dr. Matthias Marquardt - Blog - Fettstoffwechsel

WIEDEREINSTEIGER

Ironman. Macht's noch einmal, Jungs!

Hier im Norden von Deutschland schlug im letzten Jahr die Nachricht vom Ironman-Rennen in Hamburg ein wie eine Bombe. Die Langstrecke in der Hafenmetropole lockte Rookies an. Und alte Hasen. 



Zwei meiner Freunde, die ich ohne Weiteres in den verdienten Triathlon-Ruhestand entlassen hätte, wenn sie denn darum gebeten hätten, hatten sich unabhängig voneinander angemeldet. 20 Jahre nach ihren ganz großen Zeiten.

 

Warum tun die das? Beide über 40. Beide gestandene Eisenmänner. Beide Vollblutleistungssportler, die wirklich wissen, wie es geht. Respektspersonen in ihren Vereinen. Mit Talent, Fleiß und Härte verdient. Ich dachte: Wollen die das Rad der Zeit zurückdrehen? Macht’s nicht wie Klitschko, Jungs. Tretet vorher ab. Aber nein, die sind einfach nur verrückt. Triathleten halt.

 

Der eine hat sehr früh eine Bestzeit von 9:11 Stunden aufgestellt (und ist den Lesern dieser Zeitschrift gut bekannt). In den letzten Jahren sportlich kürzer getreten, brannte er nun wie eine Fackel für den Ironman in Hamburg. Der andere (Stammplatz auf Schwimmbahn 1 bei Hannover 96) brennt seit 20 Jahren wie ein Haufen Magnesium und hat eine Bestzeit von 9:37 Stunden.

 

Die Vorbereitung des Erstgenannten war in einem Blog zu verfolgen. Fahrrad wie Frodo, aerodynamisch optimiert, Trainingspläne mit mehr Intervallen als in seiner gesamten Laufbahn zuvor. Dazu: Konzentratnahrung und Gummibärchen. Ich war erstaunt und hatte kurze Zeit Angst, dass der noch schneller wird als vor 20 Jahren. Der andere: Veränderungsverweigerer. Radposition wie vor 20 Jahren. Trainingsgewohnheiten wie vor 20 Jahren. Laktatnehmerqualitäten auch wie vor 20 Jahren. Ach ja: Nahrungsergänzung fand höchstens in Form von Rotwein und gutem Käse statt. Geht das noch so im Jahre 2017? Ich hatte kurz Angst, dass er mit einem 26“-Rad und kurzer Badehose an der Alster aufläuft.

 

Bei meiner etwas einsamen Radausfahrt am Tag des Rennens war ich gedanklich bei den beiden alten Hasen. Ich fragte ich mich plötzlich, wer wohl – gemessen an den alten Bestzeiten – das Rennen machen würde. Hightech gegen good old times. So fühlte sich das für mich an, was die beiden gerade an der Alster veranstalteten.

 

Ich kam heim und sah die Ergebnisse auf meinem Laptop: Die beiden haben gekämpft wie die Großen, so viel war klar. Aber was kam heraus? Alte Bestzeit plus 29 Minuten beim ersten. Alte Bestzeit plus 27 Minuten beim zweiten. Da musste ich schon schmunzeln. Wenngleich der Optimierungsverweigerer in den Jahren zuvor wohl mehr trainiert hatte, waren die Ergebnisse erstaunlich ähnlich.

 

Es geht also. Notfalls auch mit den alten Methoden. Dann könnte man ja. Aber das ist ja nur die halbe Geschichte. Denn man muss nicht nur trainieren, sondern auch kämpfen und beißen wie früher. Und ich muss feststellen, dass ich nicht sicher bin, ob ich das nochmal so könnte. Ehrlich gesagt habe ich manchmal Angst, dass nicht. Frank, Robin: Chapeau!

 

Ihr Dr. Matthias Marquardt

 

MEIN TIPP:

Wer im Triathlon schon einmal alles gegeben hat, scheut sich oft, den alten Zeiten hinterher zu rennen. Wer es doch tut und sich stellt, hat unseren  Respekt verdient!


Einmal im Monat schreibt der bekannte Internist und Laufexperte Dr. Matthias Marqardt im Triathlon-Magazin eine Kolumne zu kontroversen Themen des Laufsports.

 

 www.tri-mag.de



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Marquardts Meinung -- So oder so ...
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